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GRUNDSÄTZE ZUM
EINSATZ VON SATELLITENGEODÄTISCHEN VERFAHREN
IM BERGBAU
Stand: 6. Juni 2000
Gliederung
1 Allgemeines
1.1 Vorschriften
1.2 Einsatzbereiche
1.3 Satellitengeodätische Verfahren
1.4 Bezugssysteme2 Satellitengestützte Messung
2.1 Allgemeines
2.1.1 Satellitenkonstellation
2.1.2 Referenzstation, SAPOS, RTK
2.1.3 Messverfahren
2.2 Planung der satellitengestützten Messung
2.3 Durchführung der satellitengestützten Messung
2.4 Messungsdaten3 Auswertung statischer Messungen
3.1 Überblick
3.2 Datenaufbereitung
3.3 Ausgleichung
3.4 Transformation in die Bezugssysteme der Landesvermessung4 Dokumentation
4.1 Allgemeines
4.2 Messungsniederschriften
4.3 BerechnungsniederschriftenGrundsätze zum Einsatz von satellitengeodätischen Verfahren im Bergbau
1. ALLGEMEINES
1.1 Vorschriften
(1) Für markscheiderische und sonstige vermessungstechnische Arbeiten im Zusammenhang mit
Tätigkeiten und Einrichtungen nach § 2 Bundesberggesetz (BBergG) sowie für Messungen
zur Erfassung von Bodenbewegungen nach § 125 BBergG können satellitengeodätische
Verfahren eingesetzt werden.(2) Satellitengeodätische Verfahren sind keine Sonderverfahren nach § 7 Abs. 1 der Verordnung über
markscheiderische Arbeiten und Beobachtungen der Oberfläche (Markscheider-Bergverordnung -
MarkschBergV).(3) Zur Umsetzung der Vorschriften der MarkschBergV bei satellitengeodätischen Verfahren werden die
folgenden Grundsätze herausgegeben, die den derzeitigen Stand der Technik berücksichtigen. Die
Einhaltung der Forderungen der MarkschBergV hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit von Messungen
wird vermutet, soweit die Grundsätze beachtet werden.1.2 Einsatzbereiche
Satellitengeodätische Verfahren können allein oder in Kombination mit anderen Messverfahren für
alle Messungen über Tage eingesetzt werden, sofern die in der MarkschBergV geforderten
Genauigkeiten eingehalten werden.1.3 Satellitengeodätische Verfahren
(1) Zur Einhaltung der erforderlichen Genauigkeit nach MarkschBergV kommen nur differenzielle
satellitengeodätische Verfahren zum Einsatz, die mindestens zwei Empfänger benötigen, um
Satellitensignale simultan empfangen, aufzeichnen und auswerten zu können.(2) Die Ergebnisse der satellitengeodätischen Vermessung (Messung und Auswertung) können im Felde
direkt zur Verfügung stehen (Real-Time) oder erst nach Auswertung (Postprocessing).(3) Beim Einsatz differenzieller satellitengeodätischer Verfahren ist der primär dreidimensionale Charakter
der satellitengestützten Messung zu berücksichtigen (s. 1.4 (2), 2.3 (2), 3.4).1.4 Bezugssysteme
(1) Als Ergebnisse von satellitengestützten Messungen liegen in der Regel zunächst dreidimensionale
Koordinaten im World Geodetic System 1984 (WGS 84) vor. Das WGS 84 stimmt mit dem
im europäischen Raum einheitlich eingeführten Bezugssystem European Terrestrial Reference
System 1989 (ETRS 89) im Rahmen seiner Systemgenauigkeit (± 1 bis 2 m) überein.(2) Die Überführung in die Bezugssysteme der Landesvermessung ist über eine ausreichende Anzahl von
identischen Punkten in beiden Systemen zu gewährleisten (s. 3.4 (1)).2 SATELLITENGESTÜTZTE MESSUNG
2.1 Allgemeines
2.1.1 Satellitenkonstellation
(1) Die Satellitenkonstellation (Anzahl und Verteilung der zur Verfügung stehenden Satelliten und PDOP-
bzw. GDOP-Werte) kann vorab für die gesamte Beobachtungszeit untersucht werden. Eine gute
Konstellation drückt sich durch kleine PDOP- bzw. GDOP-Werte aus.(2) Die zur Planung notwendigen genäherten Satellitenbahndaten (Almanachdaten) müssen einen
aktuellen Stand haben.2.1.2 Referenzstation, SAPOS, RTK
(1) Einen Satellitenempfänger, dessen Antenne auf einem Referenzpunkt betrieben wird, bezeichnet
man als Referenzstation. Dabei wird unterschieden zwischen- "permanenten Referenzstationen", wie sie z.B. im amtlichen Positionierungsdienst der deutschen
Landesvermessung (SAPOS) verwendet werden, und
- "temporären Referenzstationen", die projektbezogen eingesetzt werden.(2) SAPOS stellt mit einem Netz von permanenten Referenzstationen auf verschiedenen
Übertragungswegen Daten für Echtzeitvermessungen sowie für Auswertungen im
Postprocessing zur Verfügung. Es arbeitet mit firmenunabhängigen Standards. Für die
Punktbestimmung mit geodätischer Genauigkeit dienen folgende Servicebereiche von SAPOS:-
Im Hochpräzisen Echtzeit-Positionierungs-Service (HEPS) werden in Echtzeit Korrekturdaten
übertragen. Sie ermöglichen eine polare Punktbestimmung mit einer Genauigkeit von
± 1 cm bis 5 cm (entfernungsabhängig) bis ca. 20 km Abstand von der permanenten
Referenzstation. Die Korrekturdaten werden an der Nutzerschnittstelle im RTCM-Format
bereitgestellt. -
Im Geodätischen Präzisen Positionierungs-Service (GPPS) mit 1cm-Genauigkeit werden
Trägerphasenmessungen im empfängerunabhängigen RINEX-Format bereitgestellt. Sie
werden u.a. über Telekommunikationseinrichtungen abgegeben. Damit ist eine nachträgliche
Berechnung (Postprocessing) möglich. Die dabei erreichbare Genauigkeit ist u.a. abhängig
von der Beobachtungszeit und der Entfernung zu der/den permanenten Referenzstation/en.
(3) Als Real-Time-Kinematic-Systeme (RTK-Systeme) werden Vermessungssysteme bezeichnet, die
mit systemeigenen Referenzstationen Echtzeitvermessungen ermöglichen. Sie bestehen z.B. aus- einem Satellitenempfänger als Referenzstation mit Datenübertragungseinrichtung und
- einem Satellitenempfänger als Mobilstation mit Datenempfangseinrichtung und Software.
Die Systeme verwenden in der Regel firmenspezifische Datenformate, lassen nur ausgewählte Hard- und
Softwarekomponenten zu und ermöglichen in ihrem durch die gewählte Funkübertragung begrenzten
Aktionsradius von einigen Kilometern Messungen in Zentimetergenauigkeit.2.1.3 Messverfahren
(1) Bei satellitengeodätischen Anwendungen sind grundsätzlich folgende Messverfahren einsetzbar:
(2) Die Auswahl des geeigneten Verfahrens ist unter Berücksichtigung aller Randbedingungen zu treffen.
Die aktuelle Leistungsfähigkeit der eingesetzten Satellitenempfänger (Hard- und Software), die
örtlichen Gegebenheiten und die Zielsetzung sind zu berücksichtigen.(3) Die Vorschriften für die Messgenauigkeiten gemäß MarkschBergV gelten bei satellitengeodätischen
Verfahren für die abgeleiteten Messelemente. Zum Beispiel gilt als einfacher Messweg bzw.
Messstrecke im Sinne der Anlage 1 MarkschBergV die Entfernung zwischen dem einzumessenden
Punkt und dem Anschlusspunkt.(4) Soweit die Messgenauigkeit es erlaubt, können bei diesen Messverfahren auch permanente
Referenzstationen, z. B. Permanentstationen des Satellitenpositionierungsdienstes der deutschen
Landesvermessung (SAPOS) mit verwendet werden (s. § 8 MarkschBergV).2.2 Planung der satellitengestützten Messung
(1) Zur Anbindung der satellitengestützten Messungen an das amtliche Festpunktfeld sind mindestens
drei Festpunkte anzuschließen, die möglichst gleichmäßig um die Neupunkte verteilt liegen.(2) Die Satellitensichtbarkeit ist für jeden Standpunkt zu gewährleisten.
2.3 Durchführung der satellitengestützten Messung
(1) Vor dem erstmaligen Einsatz eines Satellitenvermessungssystems muss die Überprüfung in einem
geeigneten Testnetz erfolgen. Die fortlaufende Funktionskontrolle ergibt sich im Rahmen der
Arbeiten in den jeweiligen Projekten durch die Einbindung geeigneter Punkte.(2) Aufgrund des dreidimensionalen Charakters des satellitengeodätischen Verfahrens sind die
Zentrierung und die Höhenbestimmung der Antennen mit besonderer Sorgfalt durchzuführen.
Die Antennenhöhenbestimmung ist unabhängig zu kontrollieren.(3) Zur Einhaltung der erforderlichen Genauigkeit ist eine angemessene Beobachtungsdauer in
Abhängigkeit von- dem Messverfahren,
- der Länge der zu bestimmenden Basislinien,
- der Satellitenkonstellation,
- der Qualität der eingesetzten Antennen und Empfänger und
- den örtlichen Bedingungen
zu wählen.(4) Beim Einsatz von RTK-Systemen ist zum Erreichen der Genauigkeit eine ständige Qualitätskontrolle
der Satellitenkonstellation erforderlich.2.4 Messungsdaten
(1) Die satellitengestützte Messung ist in einem Messungsprotokoll zu dokumentieren.
(2) Im Messungsprotokoll sind nachzuweisen:
- die Punktbezeichnung,
- der jeweilige Referenzpunkt, die benutzte Referenzstation bei Anwendung der
Messverfahren des Typs B und C, der Betreiber der Referenzstation, - Anzahl der empfangenen Satelliten, PDOP- bzw. GDOP-Werte,
- die Kontrolle der Antennenausrichtung bei statischen Messungen,
- die Antennenhöhenbestimmung und bei statischen Messungen zusätzlich deren Kontrolle,
- Ort, Datum, Name des Ausführenden, Zweck, Anfang und Ende der Datenaufzeichnung,
Typen- und Programmbezeichnung, Registrierungsrate, Empfänger- und
Antennennummern, - Transformationsparameter, Bezugsellipsoid, Projektionsart bei Anwendung des
Messverfahrens des Typs C.
(3) Bei Postprocessing-Verfahren werden die bei der Messung anfallenden Bahndaten sowie
Codephasen und Trägermischphasen (Rohdaten) im Empfänger oder Feldcomputer gespeichert.(4) Als gemessene Werte (s. Anlage 2 Nr. 2.1.1.5 MarkschBergV) (Reindaten) sind anzusehen:
- die erst nach Auswertung der Rohdaten zur Verfügung stehenden Raumvektoren und ihre
Varianz-/Kovarianzkomponenten,
- die beim Einsatz von RTK-Systemen direkt im Felde ermittelten Koordinaten.3 AUSWERTUNG STATISCHER MESSUNGEN
3.1 Überblick
(1) Die Weiterverarbeitung von Satelliten-Reindaten muss so angelegt sein, dass die Berechnungen
nachprüfbar sind.(2) Die Auswertung von satellitengestützten Messungen gliedert sich in folgende Schritte:
-
Übertragung der Rohdaten von den Empfängern auf den Auswerterechner,
-
Auswertung der Rohdaten zur Berechnung der Reindaten,
-
Ausgleichung,
-
Berechnung der Koordinaten und Höhen im Landessystem.
3.2 Datenaufbereitung
(1) Für die Auswertung der Rohdaten stehen verschiedene Programme zur Verfügung. Sie weisen
unterschiedliche Ansätze und Leistungen auf und berechnen die Ergebnisse auf unter-
schiedlichen Wegen. Für die Auswahl und Anwendung der Programme ist der Benutzer
verantwortlich.(2) Das Ergebnis der Rohdaten-Auswertung sind Basislinien (Raumvektoren) in Form von
dreidimensionalen Koordinatenunterschieden dX, dY, dZ mit Angaben zur Varianz/Kovarianz.3.3 Ausgleichung
(1) Bei simultanem Einsatz von mehr als zwei Empfängern pro Session des Messverfahrens vom Typ A
oder beim Einsatz von zwei oder mehr Referenzstationen bei Anwendung des Messverfahrens
vom Typ B ergeben sich Überbestimmungen in Form von zusätzlichen Basislinien.(2) Zur Überprüfung der inneren Genauigkeit der satellitengestützten Messungen kann eine
3D-Netzausgleichung durchgeführt werden. In der Ausgleichung werden die Einzelsessionen zu
einem Gesamtnetz zusammengefasst (Multisessionslösung).3.4 Transformation in die Bezugssysteme der Landesvermessung
(1) Für die Berechnung von Lagekoordinaten und Höhen in den Bezugssystemen der Landesvermessung
kann eine 7-Parameter-Transformation über eine ausreichende Anzahl von Anschlusspunkten
durchgeführt werden. Die Anschlusspunkte sollen gleichmäßig um das Messgebiet verteilt sein.(2) Die Restklaffungen an den Anschlusspunkten sind aufzuzeigen. Bei Wiederholungsmessungen
ermöglichen sowohl die Restklaffungen an den Anschlusspunkten als auch die Lage- und
Höhendifferenzen an stabil gebliebenen Punkten Aussagen über die Güte und Genauigkeit der
satellitengestützten Messungen.4 DOKUMENTATION
4.1 Allgemeines
Bezüglich der Form der Messungs- und Berechnungsniederschriften wird auf Anlage 2 Nr. 1
MarkschBergV verwiesen. Anlage 2 Nr. 2.4 MarkschBergV findet Anwendung. Darüber hinaus
sind Besonderheiten zu vermerken.4.2 Messungsniederschriften
Die Protokollierung der im Kapitel 2.4 Absätze 2 und 4 aufgelisteten Messungsdaten ist als
Messungsniederschrift gemäß Anlage 2 Nr. 2.1 MarkschBergV anzusehen.4.3 Berechnungsniederschriften
Die einzelnen Schritte der Auswertung sind zu dokumentieren. Für die Dokumentation der Auswertung
satellitengestützter Messungen gilt Anlage 2 Nr. 2.2 MarkschBergV entsprechend. -