• Anhang 3

    Anforderungen an eine dauerhafte Schachtverwahrung im Steinkohlebergbau

    1. Einleitung

    Dieser Anhang enthält besondere Anforderungen an das Verwahren von Tagesschächten im
    Steinkohlebergbau und berücksichtigt die besonderen Bedingungen, die aus dem Auftreten
    von Grubengas herrühren.

    Sofern im Folgenden keine abweichenden Anforderungen gestellt werden, müssen Schachtver-
    wahrungen im Steinkohlenbergbau entsprechend den Anforderungen des Anhangs 1 dieses
    Leitfadens ausgeführt werden.

    2. Anforderungen

    Aufzugebende Tagesschächte sind durch eine Voll- oder Teilverfüllung mit kohäsivem Füllgut
    zu verwahren, sodass sie dauerhaft standsicher sind.

    3. Füllgut

    Füllgut, das Abfälle enthält, unterliegt den Bestimmungen des Abfallrechtes. Insofern sind bei der
    Verwertung von Abfällen, die in unter Bergaufsicht stehenden untertägigen Grubenbauen eingesetzt
    werden, die Bestimmungen der Versatzverordnung - Verordnung über den Versatz von Abfällen
    unter Tage - (VersatzV) und die Technischen Regeln für den Einsatz von Abfällen als Versatz in
    den jeweils gültigen Fassungen einzuhalten.

    4. Wettertechnische Maßnahmen

    4.1 Ermittlung des Ausgasungsverhaltens

    Das Ausgasungsverhalten jedes Schachtes ist durch eine gutachterliche Stellungnahme von einem
    Sachverständigen zu beurteilen. Hierbei ist die langfristige Möglichkeit eines Grubenwasseranstieges
    mit zu berücksichtigen.

    Vor Beginn der Verfüllarbeiten ist der zu verfüllende Schacht während eines ausreichend langen
    Zeitraumes zu beobachten, um einen Überblick zu gewinnen, in welchen Bereichen mit Methan (CH4)
    zu rechnen ist. Dabei sind insbesondere aufgegebene Grubenbaue, Flözdurchtrittsstellen und tektonische
    Störungen zu berücksichtigen sowie Ort und Größe des jeweiligen Gaszustromes in Abhängigkeit von
    Luftdruckschwankungen und die wettertechnischen Beeinflussungsmöglichkeiten festzustellen. Dabei
    ist es nicht ausreichend, den Schacht selbst zu untersuchen, vielmehr ist der Einfluss des gesamten
    schachtnahen Grubengebäudes einschließlich abgedämmter Grubenbaue auf eventuelle Methanzutritte
    zu beurteilen. Die Planungen für den wettertechnischen Rückzug sind in die Beurteilung mit einzubeziehen.

    Auch in Fällen, in denen ein messbarer Methanzustrom nicht festgestellt wird, können im Verlauf
    der Verfüllarbeiten Methan/Luft-Gemische auftreten, wenn bei Wetterstillstand oder geringer
    Wetterbewegung und ungünstigen Luftdruckverhältnissen Grubengas zum Beispiel aus aufgegebenen
    Grubenbauen in den Schacht eintritt.

    4.2 Behandlung der Schachtabgänge

    Schachtabgänge am Schachtkopf, wie z. B. Wetterkanäle, Rohrleitungskanäle und Kabelkanäle,
    sind so zu behandeln, dass über diese Schachtabgänge keine schädlichen Gase verschleppt werden
    können.

    Die Schachtabgänge sind in der gutachterlichen Stellungnahme nach Nr. 4.1 zu betrachten.

    4.3 Vorsorge hinsichtlich des Ausgasens verfüllter Schächte

    Im Hinblick auf mögliche Gasaustritte an der Tagesoberfläche ist durch eine gutachterliche
    Stellungnahme festzulegen, welche Maßnahmen zur gezielten Grubengasannahme und zur ausreichend
    bemessenen Abführung von Grubengas erforderlich sind. In Frage kommen z. B. in der Füllsäule
    verlegte oder vorhandene Rohrleitungen, ggf. mit Flammendurchschlagsicherung
    (vergleiche Nr. 4.7 / siehe Bild 1 und Tabelle 1). Hierbei sind Grubenwasseranstiege auch über
    lange Zeiträume zu berücksichtigen.

    4.4 Maßnahmen zur Beschränkung etwaiger Explosionsauswirkungen

    Vor Beginn der Verfüllarbeiten sind Hindernisse am Schachtkopf zu beseitigen, insbesondere
    großflächige Bauwerke wie Bühnen oder Decken und Wände von Schachtgebäuden. Dabei ist
    sicherzustellen, dass Gegenstände nicht in den Schacht fallen.

    Können diese Hindernisse aus technischen Gründen vor Beginn der Verfüllarbeiten nicht entfernt
    werden, sind durch die gutachterliche Stellungnahme nach Nr. 4.1 Ersatzmaßnahmen zur
    Beschränkung etwaiger Explosionsauswirkungen aufzuzeigen.

    Im Rahmen der vorbereitenden Maßnahmen ist ferner zu prüfen, ob bereits vor Aufnahme der
    Verfüllarbeiten eine Inertisierung des Schachtes notwendig ist und inwieweit die unter Nr. 4.6.3
    genannten vorbereitenden Arbeiten für eine Inertisierung durchzuführen sind.

    In die vorbereitenden Maßnahmen sind auch die Maßnahmen nach Nr. 4.6.2 im notwendigen
    Umfang einzubeziehen.

    Die Einzelheiten der Planungsschritte sind deshalb unter Hinzuziehung eines Sachverständigen
    festzulegen. Dieser hat die danach zu installierenden Einrichtungen (Inertisie-rung/Messtechnik)
    vor Beginn der Schachtverfüllungen abzunehmen.

    4.5 Vorbeugende Maßnahmen

    Beim Verfüllen von Schächten können Methanzutritte aus aufgegebenen Grubenbauen in
    Abhängigkeit von Schwankungen des atmosphärischen Luftdruckes nicht ausgeschlossen werden.
    Die Möglichkeit der Bildung zündfähiger Methan/Luft-Gemische lässt sich durch folgende
    Maßnahmen verringern:

    • Eine durchgehende Bewetterung von dem zu verfüllenden Schacht zu wenigstens einem
      Ausziehschacht ist so lange wie möglich über die tiefste jeweils noch offene Sohle aufrecht
      zu erhalten.

    • Der letzte zu verfüllende Schacht ist nach Unterbrechung der durchgehenden Bewetterung
      unverzüglich zu verfüllen.

    • Mit dem Verfüllen sollte bei steigendem bzw. hohem Luftdruck begonnen werden, um die
      Wahrscheinlichkeit größerer Gaszuströme aus dem Grubengebäude zu verringern.

    4.6 Maßnahmen während der Verfüllung

    4.6.1 Stetiges Verstürzen großer Füllgutmengen

    Die Maßnahmen nach Nr. 4.5 können zumindest für den Beginn der Verfüllarbeiten günstige
    Voraussetzungen schaffen, aber nicht verhindern, dass sich nach einem Druckausgleich zwischen
    aufgegebenen und offenen Grubenbauen bei fallendem Luftdruck ein Methanzutritt aus den
    aufgegebenen Grubenbauen einstellt.

    Daher sollte zusätzlich zu den vorstehend bezeichneten Maßnahmen durch stetiges Verstürzen
    großer Füllgutmengen ein in das Grubengebäude gerichtetes Druckgefälle erzeugt werden, das
    meist erst nach Unterbrechung des Verfüllvorganges oder durch entsprechenden Abfall des
    Luftdrucks ausgeglichen wird.

    4.6.2 Messtechnische Maßnahmen

    Die Schwankungen des atmosphärischen Luftdrucks sind mit Hilfe eines Barographen zu beobachten.

    Der CH4-Gehalt im Schacht ist in etwa 50 m Teufe durch eine ortsfeste registrierende
    CH4-Messeinrichtung zu überwachen.

    Darüber hinaus sind die CH4-Gehalte innerhalb des Schachtes durch ortsfeste registrierende
    Messeinrichtungen an Stellen zu überwachen, an denen mit dem Zustrom von Methan zu rechnen ist.

    Bei Erreichen eines festzulegenden Grenzwertes (nicht über 1 % CH4) muss ein optisches und
    akustisches Warnsignal an einer während der Verfüllarbeiten ständig besetzten Stelle ausgelöst
    werden.

    Falls der CH4-Gehalt der Messstelle in 50 m Teufe den festgelegten Grenzwert erreicht oder
    überschreitet, sind alle elektrischen Betriebsmittel im Gefahrenbereich nach Nr. 2.5 des
    allgemeinen Teils des Leitfadens unverzüglich abzuschalten.

    Wenn die Notwendigkeit einer Inertisierung nicht ausgeschlossen werden kann, sind ortsfeste
    O2-Messeinrichtungen an Stellen einzurichten, an denen mit dem Auftreten explosionsfähiger
    Atmosphäre zu rechnen ist.

    Während der Verfüllung des Schachtes ist eine Schachtmesssonde für die Messung des
    CH4- und O2-Gehaltes vorzuhalten. Diese ist einzusetzen, wenn

    1. eine oder mehrere ortsfeste Messeinrichtungen innerhalb des noch zu verfüllenden
      Schachtabschnittes ausfallen und/oder

    2. die angezeigten Messwerte einer oder mehrerer ortsfester Messeinrichtungen unplausibel
      erscheinen.

    4.6.3 Maßnahmen zur Vermeidung explosionsfähiger Atmosphäre

    Wenn die Messungen nach Nr. 4.6.2 eine Überschreitung des festgelegten Grenzwertes für
    CH4 ergeben, sind Sondermaßnahmen (z. B. Änderung des Verfüllregimes, Inertisierung)
    unverzüglich einzuleiten.

    Zur Inertisierung müssen Vorbereitungen getroffen sein, dass das Inertgas sofort und erforder-
    lichenfalls an mehreren Stellen aufgegeben werden kann. Die Aufgabestellen sind so über den
    Schacht zu verteilen, dass eine vollständige Inertisierung des zu beaufschlagenden Schacht-
    abschnittes gewährleistet ist.

    Bei einer Inertisierung mit Sauerstoffüberwachung darf die Verfüllung nur dann durchgeführt werden,
    wenn ein vorher festzulegender Sauerstoffgrenzwert unterschritten wird.

    In den Bereichen, in denen mit CH4-Zuströmen zu rechnen ist, sollte der Abstand zwischen den
    Öffnungen der Inertgasleitung und der Füllsäule 100 m nicht überschreiten.

    4.7 Maßnahmen bei Ausgasungen an der Tagesoberfläche

    Im Hinblick auf mögliche unkontrollierte Gasaustritte an der Tagesoberfläche ist eine gezielte
    Grubengasannahme und -abführung sicherzustellen (vergleiche Nr. 4.3 / siehe Bild 1 und Tabelle 1).

    Im Hinblick auf mögliche unkontrollierte Gasaustritte an der Tagesoberfläche sind geeignete
    Maßnahmen zu ergreifen, um eine Gefährdung an der Tagesoberfläche auszuschließen. Als
    Möglichkeit der sicheren Grubengasannahme und –abführung können z.B. auch Flächendränagen
    oder Dränagesysteme aus Materialien hoher Permeabilität zum Einsatz kommen, über die Gase in
    definierte Bereiche abströmen.

    Der Einfluss des Grubenwasseranstiegs auf den erhöhten Anfall von Grubengas ist zu berücksichtigen.

    Die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen sind unter Hinzuziehung eines Sachverständigen
    festzulegen und aufzuzeichnen.

    Tabelle 1 - Anforderungen an Entgasungseinrichtungen verfüllter Schächte

     Aufbau und
     Ausrüstung

     Mindesthöhe über Begehungsebene

    3 m

     Festigkeitsauslegung

    PN 10

     Absicherung am Ausblasende

    dauerbrandsichere Flammen-durchschlagsicherung

     Handabsperreinrichtung

    erforderlich

     Rückschlagklappe oder Regeleinrichtung

    erforderlich *)

     Kontrollmessanschlüsse

    erforderlich

     Erdung/Blitzschutz nach DIN / VDE

    erforderlich

     Nachfüllöffnung

    gasdicht

     Schutzeinrichtungen

     An-/Überfahrschutz

    erforderlich

     Schutz gegen Manipulationen

    erforderlich

     Sicherheitszone

     Mindestabstand vom Ausblasende für Fahrwege und Gebäude,
     deren Höhe mindestens 1 m geringer als Ausblasende

    Radius 10 m

     Mindestabstand von Gebäuden, deren Höhe größer als Ausblasende

    Radius 15 m

     Mindestabstand von feuer- und explosionsgefährdeten Bereichen

    Radius 20 m

     Sonstiges

     Hinweisbeschilderung für feuer- und explosionsgefährdeten Bereich

     erforderlich

     Handrad der Absperreinrichtung

    demontieren oder festsetzen

     Überwachung

     Prüfung durch Sachverständige

    mindestens alle 3 Jahre

     Prüfung durch verantwortliche Personen

     mindestens jährlich

     Prüfung durch fachkundige Personen

    mindestens alle 3 Monate

    *) Bei Entgasung eines verfüllten Schachtes mit Anschluss an nicht verfüllte Grubenbaue

     

    Bild
    passive Entgasungseinrichtung

    Bild 1: Grundsätzlicher sicherheitstechnischer Aufbau einer passiven Entgasungseinrichtung