• V e r w a l t u n g s v o r s c h r i f t
    des Landesoberbergamtes Nordrhein-Westfalen
    für die Prüfung und Verwendung
    elektrohydraulischer Steuereinrichtungen von Schreitausbau

    vom 6.1.1993

    - Geschäftszeichen: 14.4.1.-1-4 -

    Inhaltsübersicht


    1 Geltungsbereich

    2 Begriffsbestimmungen

    3 Allgemeine Anforderungen an elektrohydraulische Steuereinrichtungen

    4 Besondere Anforderungen an Ablauf- und Folgesteuerungen

    5 Besondere Anforderungen an elektrische Geräte

    6 Prüfungen

    7 Anlage 'Anforderungen an die Dokumentation'

     

    1. Geltungsbereich

    Diese Verwaltungsvorschrift gilt für die Prüfung und Verwendung elektrohydraulischer
    Steuereinrichtungen von Schreitausbau einschließlich der Not-Halt-, Sperr-, Anlaufwarn- und
    Überwachungseinrichtungen.

    2. Begriffsbestimmungen

    2.1 Befehlsgerät

    Schaltgerät, mit dem Steuerbefehle gegeben werden können. Das Schaltgerät kann manuell bedienbar
    oder prozeßbetätigt sein.

    2.2 Betriebs-Aus-Einrichtung

    Einrichtung, mit der Bewegungsvorgänge unverzögert unterbrochen werden können.

    2.3 Betriebsebene

    Einrichtung zur Steuerung des Betriebsablaufs.

    2.4 Einzelfunktion

    Einzelner Bewegungsvorgang in einem Ausbaugestell. 

    2.5 Elektrohydraulische Steuereinrichtung

    Einrichtung, die aus einer elektrischen Betriebs- und Sicherheitsebene und den hydraulischen
    Steuerelementen besteht.

    2.6 Funktionsablauf

    Selbständige Ausführung einer Reihe ausgewählter Einzelfunktionen in einem Ausbaugestell.

    2.7 Funktionsfolge

    Selbständige Ausführung ausgewählter Einzelfunktionen in mehreren Ausbaugestellen.

    2.8 Geber

    Betriebsmittel, in denen nichtelektrische Größen (z.B. Wege, Drücke, Zeiten) in elektrische Signale
    umgesetzt werden.

    2.9 Hauptfunktion

    Hauptfunktionen sind das Lösen der Stempel, das Schreiten des Ausbaugestells, das Setzen der
    Stempel und das Rücken des Förderers.

    2.10 Nebenfunktion

    Nebenfunktionen sind außer den Hauptfunktionen alle weiteren Funktionen.

    2.11 Not-Halt-Einrichtung

    Einrichtungen, mit denen Bewegungsvorgänge unverzögert unterbrochen und ein automatisches
    Ingangsetzen sicher verhindert werden.

    2.12 Programm

    Gesamtheit aller Anweisungen und Vereinbarungen für die Signalverarbeitung, durch die eine zu
    steuernde Anlage aufgabengemäß beeinflußt wird.

    2.13 Rastbetrieb

    Betrieb von Funktionen mit Selbsthaltung oder Speicherung der gegebenen Einschaltbefehle

    2.14 Sicherheitsebene

    Einrichtung mit erhöhter Funktionssicherheit, die vorwiegend dem Schutz von Personen dient. 

    2.15 Steuergerät

    Betriebsmittel, in dem Steuerbefehle verarbeitet werden.

    2.16 Störbeeinflussung

    Elektrische Beeinträchtigung der Steuereinrichtungen durch ungewollte kapazitive, induktive oder
    galvanische Kopplung.

    2.17 Tastbetrieb

    Betrieb von Funktionen ohne Selbsthaltung oder Speicherung der manuell gegebenen Einschaltbefehle.

    2.18 Betriebsarten

    2.18.1 Nachbarsteuerung

    Betriebsart, bei der Einzelfunktionen in einem Ausbaugestell von einem Nachbargestell aus gesteuert
    werden.

    2.18.2 Ablaufsteuerung

    Betriebsart, bei der ein Funktionsablauf in einem Ausbaugestell angesteuert wird. Das Befehlsgerät
    befindet sich außerhalb des zu bewegenden Ausbaugestells.

    2.18.3 Folgesteuerung

    Betriebsart, bei der eine Funktionsfolge ausgeführt wird.

    2.18.4 Zentralsteuerung

    Betriebsart, bei der Ausbaugestelle von einem zentralen Steuerstand aus angesteuert werden.

    2.18.5 Reparatursteuerung

    Betriebsart, bei der Einzelfunktionen in einem Ausbaugestell nur hydraulisch betätigt werden.

    3. Allgemeine Anforderungen an elektrohyraulische Steuereinrichtungen

    3.1 Die Einrichtungen von Ausbausteuerungen müssen so beschaffen sein, daß die Steuerung
    beim Auftreten von ihr erkannten elektrischen Störungen in einen sicheren Zustand überführt wird.

    3.2 Der Sicherheitsebene sind in der Ausbausteuerung alle Funktionen zugeordnet, die

    1. jederzeit ein Anhalten von Funktionen gewährleisten,
    2. ein Selbstanlaufen von Bewegungen verhindern.

    Dazu gehören insbesondere die Not-Halt-Einrichtung und die Datenübertragung zum Auslösen
    und Anhalten von Funktionen.

    Die sichere Funktion ist nach DIN VDE 0118 Teil 1 Abschnitt 17 zu gewährleisten.

    Anmerkung: Die Not-Halt-Einrichtung muß den Anforderungen nach Abschnitt 3.12 entsprechen. 

    3.3 Ein Fehler im Not-Halt-Stromkreis, der die Funktionssicherheit dieses Stromkreises
    beeinträchtigt, muß zum Stillsetzen aller betätigten Funktionen und zum Sperren der Folge- oder
    Zentralsteuerung führen. Wird der Not-Halt-Befehl seriell übertragen, so ist dieser nach
    DIN VDE 0118 Teil 1 Abschnitt 17 abzusichern.

    3.4 Die Datenübertragung zwischen den Ausbaugestellen ist gegen Störbeeinflussungen so
    zu schützen, daß keine ungewollten Bewegungen ausgelöst und Ausschaltbefehle nicht verhindert
    werden. Wird ein Befehl seriell übertragen, so muß das Befehlssignal entsprechend dem Stand
    der Technik abgesichert sein.

    3.5 Spannungsschwankungen im elektrischen Netz von mindestens - 30% bis + 20% der
    Nennspannung dürfen die Funktionen der elektrohydraulischen Ausbausteuerung nicht beeinflussen.

    3.6 Die Betriebsmittel dürfen nur innerhalb der Nennwerte verwendet werden, für die sie gebaut
    sind. Sie müssen den zu erwartenden elektrischen Beansprungungen und den äußeren Einflüssen
    am Verwendungsort gewachsen sein.

    Die Funktionsfähigkeit der elektrohydraulischen Steuerung darf nicht durch magnetische, elektrische
    oder elektromagnetische Störquellen beeinträchtigt werden können.

    3.7 Bei Spannungsaufall muß der Bewegungsablauf abgebrochen werden. Bei Spannungswiederkehr
    darf erst nach erneuter Befehlseingabe ein Neustart möglich sein

    Bei Ausfall der hydraulischen Druckversorgung müssen bei automatisch ablaufenden Funktionen
    die elektrischen Steuerbefehle abgebrochen und gelöscht werden, damit bei Druckwiederkehr ein
    selbständiges Inbewegungsetzen ausgeschlossen wird. Ausgenommen sind kurzzeitige, betriebs-
    bedingte Druckabfälle, die zeitlich überwacht werden.

    3.8 Die Bedienungselemente der Befehlsgeräte sind so auszuführen, daß Befehle nicht unbeabsichtigt
    gegeben werden können. Die Not-Halt- und die Betriebs-Aus-Einrichtung sind hiervon ausgenommen.

    3.9 In der Betriebsart Nachbarsteuerung müssen bei Loslassen der Bedienungselemente die
    Bewegungsvorgänge des Ausbaus unterbrochen werden (Tastbetrieb).

    3.10 Ein Betriebsartenwechsel darf nur erfolgen nach

    • Beendigung einer Einzelfunktion, eines Funktionsablaufs oder einer Funktionsfolge,
    • Unterbrechung eines Funktionsablaufs oder einer Funktionsfolge durch Betriebs- oder
      Not-Halt sowie durch eine Störung.

    3.11 An jedem Ausbaugestell muß eine Einrichtung zum betriebsmäßigen Stillsetzen
    (Betriebs-Aus/Stop-Taster) von Funktionsabläufen und Funktionsfolgen vorhanden sein.

    3.12 An jedem Ausbaugestell muß eine Not-Halt-Einrichtung vorhanden sein, die

    1. bei Nachbar- und Ablaufsteuerung das unverzögerte Unterbrechen der Bewegungsabläufe
      im Not-Aus-betätigten Ausbaugestell und in seinen beiden Nachbargestellen bewirkt und
      ein Anlaufen der automatischen Bewegungsabläufen verhindert;
       
    2. bei Folge- und Zentralsteuerung das unverzögerte Unterbrechen der Bewegungsabläufe
      aller zugehörigen Ausbaugestelle sowie aller mit dem Ausbau steuerungstechnisch
      verknüpften Bewegungsabläufe der Gewinnungseinrichtungen bewirkt und ein Anlaufen
      der automatischen Bewegungsabläufe verhindert.

    Die Not-Halt-Einrichtung muß

    • in der Sicherheitsebene angeordnet,
    • leicht und gefahrlos erreichbar,
    • in Sperrstellung gegen ungewolltes Zurückstellen mechanisch verriegelt,
    • jederzeit betriebsbereit,
    • rot gekennzeichnet (Pilzdruckknopf) und von anderen Stillsetzeinrichtungen deutlich zu
      unterscheiden sein.

    Der Not-Halt-Zustand darf nur an dem betätigten Not-Halt-Zustand darf nur an dem betätigten
    Not-Halt-Schalter aufgehoben werden können.

    Die Bewegungsvorgänge des Ausbaugestells, in dem die Not-Halt-Einrichtung betätigt wird,
    dürfen nicht mehr elektrisch ansteuerbar sein.

    Die Betätigung des Not-Halt-Schalters muß am Betätigungsort erkennbar sein, gegebenenfalls
    am Steuerstand der Gewinnungseinrichtungen angezeigt werden.

    3.13 An jedem Ausbaugestell muß eine Sperreinrichtung vorhanden sein, die das Ausführen von
    Funktionen in dem Ausbaugestell, in dem sie sich befindet, verhindert. Diese Sperreinrichtung muß

    • den Stromkreis der Magnetventile allpolig unterbrechen sowie
    • leicht und gefahrlos erreichbar,
    • in Sperrstellung gegen ungewolltes Zurückstellen mechanisch verriegelt,
    • eindeutig und dauerhaft gekennzeichnet und
    • jederzeit betriebsbereit sein.

    Sperreinrichtung und Not-Halt-Einrichtung können in einer Baueinheit zusammengefaßt sein.

    3.14 In Ausbaugestellen muß, solange von ihren Steuergeräten aus Befehle gegeben werden,
    ein externes Ansteuern verhindert sein. 

    3.15 Elektrisch betätigte Ventile müssen Bewegungsvorgänge abbrechen, wenn sie stromlos werden.
    Ausgenommen ist die Einzelfunktion 'Förderer Rücken' im Rastbetrieb.

    3.16 Bedienelemente und Anzeigegeräte müssen übersichtlich angeordnet sowie gegebenenfalls
    durch genormte Symbole eindeutig und dauerhaft gekennzeichnet sein.

    3.17 Bei Verwendung farbiger Anzeigen ist DIN VDE 0199/3.88 zu beachten.

    • Rot: Gefahr, Alarm, Störung
    • Gelb: Vorsicht
    • Grün: Sicherheit, Freigabe, Betriebsbereitschaft
    • Weiß: Allgemeiner Betriebszustand

    Sofern für die Anzeige 'Allgemeiner Betriebszustand' LED verwendet werden, darf die
    Farbe 'Gelb' benutzt werden.

    3.18 Ein einfacher Erd- oder Leiterschluß oder ein Leiterbruch in den Kabeln oder Leitungen
    außerhalb von Gehäusen darf weder zu Bewegungsvorgängen des Ausbaus führen noch das
    Anhalten eingeleiteter Bewegungsabläufe verhindern.

    3.19 Programme der elektrohydraulischen Steuerung sind modular und, soweit technisch möglich,
    strukturiert aufzubauen. Die Veränderung von Parametern (z.B. Mindestsetzdruck) darf nur in
    vorgegebenen Grenzen möglich sein und darf nicht zu grundsätzlichen Änderungen des Programms
    führen. 

    3.20 Programme der elektrohydraulischen Steuerung sind gegen unbefugte Eingriffe zu sichern,
    Änderungen der Programme sind im Rahmen des Abschnitts 2.8.2 der 'Anforderungen an die
    Dokumentation' zulässig (s. Anlage). Derartige Programmänderungen sind strukturiert auszuführen
    und zu dokumentieren, sowie unverzüglich dem Bergamt anzuzeigen; sie dürfen gegebenenfalls
    einer erneuten Prüfung.

    3.21 Die Reparatursteuerung darf bei planmäßigem Betrieb unter keinen Umständen als Ersatz-
    steuerung bei Ausfall der elektrohyraulischen Steuerung benutzt werden. Sie dient bei Auftreten
    von Fehlerfällen ausschließlich dazu, die Wiederherstellung eines sicheren Betriebszustandes
    herbeizuführen.

    4. Besondere Anforderungen an Ablauf- und Folgesteuerung

    4.1 In der Betriebsart Ablaufsteuerung muß während des Ablaufs mindestens eine optische
    Anzeige erfolgen. 

    4.2 In der Betriebsart Folgesteuerung muß mindestens 5 Sekunden vor Beginn der Funktion
    ein Warnsignal in angesteuerten Ausbaugestellen gegeben werden. Während des gesamten
    Funktionsablaufes bzw. der ganzen Funktionsfolge ist ein akustisches Warnsignal und eine
    optische Anzeige zu geben. Die Signale müssen sich deutlich von anderen Signalen, die im
    Bereich des elektrohydraulisch gesteuerten Schreitausbaus gegeben werden können, unterscheiden.

    4.3 In der Betriesbart Folgesteuerung dürfen Steuerbefehle erst weitergegeben werden, wenn
    mindestens ein Setzdruck von 100 bar erreicht ist.

    4.4 An Befehlsgeräten von Ausbaugestellen, die im Rahmen einer Funktionsfolge angesteuert sind,
    muß eine Befehlseingabe wirkungslos bleiben. Dies gilt nicht für Not-Halt-, Sperr- und Betriebs-
    Aus-Einrichtungen sowie für Nebenfunktionen.

    5. Besondere Anforderungen an elektrische Geräte

    5.1 Die elektrischen Geräte müssen nach einer Beanspruchung durch sinusförmiges Schwingen
    in drei Achsen nach IEC 68 Teil 2 - 6 mit einer Frequenz von 10 bis 55 Hz, einer Amplitude
    von 0,35 mm oder einer Beschleunigung von maximal dem Fünffachen der Erdbeschleunigung (5 g)
    nach 20 Prüfzyklen noch funktionsfähig sein.

    5.2 Die elektrischen Geräte müssen nach einer Beanspruchung durch halbsinusförmiges Schocken
    nach IEC 68 Teil 2 - 27 in beiden Richtungen von drei Achsen bei einer Beschleunigung von dem
    Dreißigfachen der Erdbeschleunigung (30 g) und einer norminellen Einwirkungsdauer von 18 m
    noch funktionsfähig sein. Die Schockbelastung ist in jeder Richtung dreimal aufzugeben.

    5.3 Die elektrischen Geräte müssen bei einer Temperatur von 55 Grad Celcius und einer
    Beanspruchung von zwei Zyklen funktionsfähig bleiben (Durchführung der Prüfung nach
    DIN 40 046 Blatt 6. In Abweichung von der Norm werden die Geräte bei dieser Beanspruchung
    im Betriebszustand geprüft).

    5.4 Die elektrischen Geräte müssen nach einer achtstündigen Lagerung bei einer Temperatur
    von - 25 Grad Celcius und nach einer achtstündigen Lagerung bei einer Temperatur von
    + 70 Grad Celcius noch funktionsfähig sein.

    6. Prüfungen

    6.1 Für die Prüfung des Programmaufbaus sowie der verwendeten Steuergeräte gelten die
    Anforderungen an die Dokumentation elektrohydraulischer Steuereinrichtungen von Schreitausbau
    (s.Anlage).

    6.2 Die verbindliche Systemspezifikation ist unmittelbar nach der Erstellung durch eine anerkannte
    Prüfstelle zu prüfen.

    6.3 Am Baumuster sind mindestens folgende Prüfungen durchzuführen:

    • Vergleich der Ausführung mit den Antragsunterlagen,
    • Verhalten bei planmäßig herbeigeführten Störungen,
    • Prüfung auf Umwelteinflüsse nach Abschnitt 5.1 bis 5.4 dieser Anforderungen,
    • Prüfung der Störfestigkeit nach DIN VDE 0843 Teil 4 (z.Z. Entwurf Sept. 1987) mit einem
      Brust-Generator unter Berücksichtigung mindestens des Schärfegrades 3,
    • Stichprobenweise Prüfung der Ausführungsform und der Programme,
    • Prüfung, ob die Programmteile der Betriebsebene die Programmteile der Sicherheitsebene
      nicht unzulässig beeinflussen,
    • Funktionsprüfung der Steuerung in den Ausbaugestellen.

    6.4 Die Ergebnisse der Baumusterprüfungen nach Abschnitt 6.1 bis 6.3 sind in einem Prüfbericht
    wiederzugeben.