• Anlage 5

    Bestimmungen für die Bauart
    von Notbremswagen, Notbremseinrichtungen
    für Schienenflurbahnen

    (SFB-RL Abschnitt 4.5.4.2. )


    1. Anforderungen

    1.1. Allgemeines

    1.1.1 Unabhängig von den Anforderungen nach Abschnitten 1.1 bis 1.7 muß die technische
    Ausführung der Notbremswagen den Anforderungen an die Bauart von Wagen und Wagenver-
    bindungen für Schienenflurbahnen nach Anlage 4 entsprechen.

    1.1.2 Die Zwangsführung des Notbremswagens mit den seitlichen Führungen müssen insbesondere
    bei Bremsvorgängen ein Verkanten der Wagen verhindern.

    1.1.3 Die Anforderungen nach Abschnitten 1.2 bis 1.8 gelten sinngemäß auch für sonstige, in
    andere Wagen von Schienenflurbahnzügen eingebaute Notbremseinrichtungen.

    1.2. Grundsätzliche Anforderungen

    1.2.1 Die Bremseinrichtungen von Notbremswagen müssen die höchstzulässige Gesamtlast
    des Zuges in größter Neigung mit mindestens 1,5-facher Sicherheit gegenüber der Hangabtriebskraft
    halten können (statische Sicherheit).

    1.2.2 Bei der Notbremsung darf es nicht zu unzulässigen Verformungen oder Anrissen von Bauteilen
    kommen; bei der Personenbeförderung darf es auch nicht zu Verletzungen oder sonstigen
    Gefährdungen der mitfahrenden Personen, die sich in vorschriftsmäßiger Sitzhaltung auf dem
    Personenbeförderungsmittel befinden, kommen.

    1.2.3 Die Bremseinrichtungen von Notbremswagen müssen als Auslaßbremsen ausgeführt sein;
    die Bremskraft muß durch gespeicherte mechanische Energie aufgebracht werden und auf die
    Schienen wirken.

    1.2.4 Notbremswagen müssen Schienenflurbahnzüge bei deren Seilloswerden mit einer Mindest-
    verzögerung von 1,0 m/s2 abbremsen können; dabei darf der Bremsweg 15 m nicht überschreiten.

    1.2.5 Die Schließzeit der Bremseinrichtungen darf bei geschwindigkeitsabhängiger Auslösung
    höchstens 0,3 s betragen.

    1.2.6 Die Bremseinrichtungen von Notbremswagen müssen bei Überschreitung der zulässigen
    Fahrgeschwindigkeit um höchstens 1,0 m/s selbsttätig auslösen.

    1.2.7 Einzelteile von Bremseinrichtungen müssen gegen Korrosion geschützt sein, wenn die
    Funktionsfähigkeit durch Korrosion beeinträchtigt werden kann.

    1.2.8 Bauteile und Abdeckungen von Notbremswagen müssen so ausgebildet sein, daß die freie
    Beweglichkeit des Bremsmechanismus bei der Auslösung festgestellt werden kann.

    1.2.9 An Notbremswagen müssen Vorrichtungen, z.B. Widerlager, zur statischen Haltekraft-
    messung vorhanden sein.

    1.3. Auslösevorrichtungen

    1.3.1 Die Bremseinrichtungen müssen mit zwei selbsttätig und unabhängig voneinander wirkenden
    Auslösevorrichtungen, z.B. Fliehkraftauslöser, versehen sein, die auch von Hand ausgelöst
    werden können.

    1.3.2 Antriebe von Auslösevorrichtungen müssen so ausgelegt sein, daß sie sich während der
    Fahrt ständig im Eingriff befinden.

    1.3.3 Das unbeabsichtigte Auslösen der Bremsen durch die Auslösevorrichtungen ohne
    Überschreiten der Auslösegeschwindigkeit muß verhindert sein.

    1.3.4 Auslösevorrichtungen müssen gegen eine durch Beschädigungen oder Verschmutzungen
    verursachte Beeinträchtigung ihrer Wirksamkeit geschützt sein.

    1.3.5 Zusätzlich zu den Anforderungen nach Abschnitt 1.3.1 müssen die Bremseinrichtungen
    von Notbremswagen aus SFB-Zügen mit Personenbeförderung von Hand, mechanisch,
    pneumatisch, elektrisch oder hydraulisch ausgelöst werden können.

    1.3.6 Wirkungsweise und Einstellbereich der Auslöseeinrichtungen müssen nachprüfbar sein.

    1.3.7 Das Betätigen der Auslösevorrichtungen nach Abschnitt 1.3.1 zu Prüfzwecken muß mit
    Hilfe einer Prüfvorrichtung, z.B. Prüfturbine, möglich sein. Auslösevorrichtungen müssen
    unabhängig voneinander geprüft werden können.

    1.3.8 Bremseinrichtungen müssen für Prüfungen mit Auslösungen der Bremse von Hand auf
    einfache Weise zugänglich sein.

    1.4. Lüftsysteme

    1.4.1 Lüftsysteme von Bremseinrichtungen müssen Mindestdruckventile besitzen, die das System
    entspannen, wenn der zum vollständigen Öffnen der Bremsbacken erforderliche Druck nicht
    vorhanden ist. Die Funktionsfähigkeit von Mindestdruckventilen muß prüfbar sein. Lüftsysteme
    nach Satz 1 sind nicht erforderlich, wenn durch andere Einrichtungen bewirkt wird, daß die
    Bremsbacken nur entweder in Bremsstellung aufliegen oder bis zur Endstellung abgehoben
    werden können.

    1.4.2 Die Bremseinrichtung muß beim Auslösen eine Entspannung des Lüftsystems in den
    größten vorgesehenen Neigungen in beiden Richtungen gewährleisten, ohne daß die höchst-
    zulässige Schließzeit überschritten wird.

    1.4.3 Lüftsysteme müssen eine solche Dichtheit aufweisen, daß der zum einwandfreien Öffnen
    der Bremsbacken erforderliche Druck (Mindestdruck) bei Raumtemperatur über einen Zeitraum
    von mindestens 36 Stunden erhalten bleibt.

    1.4.4 In hydraulischen Bremssystemen dürfen nur schwerentflammbare Hydraulikflüssigkeiten
    verwendet werden, wenn das Flüssigkeitsvolumen 10 l überschreitet.

    1.4.5 Bei hydraulischen Lüftsystemen muß der zulässige Höchst- und Niedrigststand der
    Hydraulikflüssigkeit festgestellt werden können.

    1.4.6 Der Einfüllstutzen des Flüssigkeitsbehälters muß auch ein Einfüllen in den größten
    vorgesehenen Neigungen ermöglichen.

    1.4.7 Lüftsysteme müssen sich von nur einem Bedienungsmann aufpumpen lassen können.
    Der zum Aufpumpen benötigte Zeitraum sollte drei Minuten nicht überschreiten. Wird das
    Aufpumpen von Hand vorgenommen, darf die aufzubringende Kraft nicht mehr als 240 N
    erfordern. Der gelüftete Zustand der Bremse ist anzuzeigen, z.B. mittels Manometer mit Markierung.

    1.4.8 In gelüfteter Stellung müssen die Bremsbacken unter Berücksichtigung des eingestellten
    Mindestdruckes so weit zurückgezogen sein, daß Kurven mit einem Radius von mindestens
    4 m, gemessen auf der Mittellinie der Schiene, und Sättel und Mulden mit einem Radius von
    mindestens 10 m durchfahren werden können, ohne daß die Bremsbacken den Schienenstrang
    berühren. Die höchstzulässigen Ablenkwinkel der Schienen sind vom Hersteller anzugeben.

    1.5. Bremsbeläge, Gegenhalter

    1.5.1 Das Bremssystem, insbesondere die Bremsbeläge und die Gegenhalter, müssen so beschaffen
    sein, daß beim Eingreifen der Bremsen weder zündfähige Gas-Luftgemische gezündet werden noch
    unzulässige Erwärmungen auftreten oder Brände verursacht werden können.

    1.5.2 Bremsbeläge und Gegenhalter müssen so ausgebildet sein, daß beim Eingreifen der Bremsen
    ein Abscheren an den Schienenstößen verhindert wird.

    1.5.3 Für Bremsbeläge sind Werkstoffe zu verwenden, die auch bei Verschmutzung, Befeuchtung
    und dergleichen der Bremsflächen ein sicheres Abbremsen an den Schienen gewährleisten.

    1.5.4 Die verwendeten Bremsbeläge dürfen nicht aus Kunststoff oder aus mit Kunstharz verpreßtem
    Material bestehen.

    1.5.5 Der Zustand der Bremsbeläge muß ohne Herausnehmen der Bremsbacken festgestellt werden
    können. Ist dies nicht möglich, muß die Konstruktion ein einfaches und schnelles Herausnehmen der
    Bremsbeläge gestatten; andernfalls sind geeignete Prüfschienen vorzusehen.

    1.6. Wartungs-, Bedienungsanleitungen

    1.6.1 Für den sicheren Betrieb und für die regelmäßige Überwachung von Notbremswagen müssen
    Wartungs-, Bedienungs- und Überwachungsanweisungen des Herstellers vorliegen.

    1.6.2 An Notbremswagen müssen gut leserliche Schilder angebracht sein, die auf das sicherheits-
    gerechte Verhalten beim Lösen des Notbremswagens nach Einfallen der Bremsen hinweisen,
    insbesondere auf einen gegebenenfalls erforderlichen Seillastausgleich.

    1.7. Kennzeichnung

    1.7.1 Notbremswagen müssen dauerhaft gekennzeichnet sein (Typenschild). Die Kennzeichnung muß
    mindestens enthalten:

    • Hersteller,
    • Typ,
    • Fabrik-/Fertigungsnummer,
    • Nennbremskraft,
    • Mindestwert der statischen Haltekraft.

    1.8. Unterlagen

    1.8.1 In dreifacher Ausfertigung müssen Unterlagen vorliegen, aus denen die wesentlichen Konstrukt-
    ionsmerkmale und die Funktionseigenschaften des Notbremswagens und der Bremseinrichtung
    einschließlich der Auslösevorrichtung zu ersehen sind, insbesondere

    1. Beschreibung der Funktionsweise,
       
    2. Konstruktionszeichnungen,
       
    3. Schaltpläne,
       
    4. vorgesehene Nennwerte
      - größte Schienenneigung,
      - Auslösegeschwindigkeit,
      - Schließzeit
      - Schließkraft mit Federkennlinie,
      - statische Haltekraft,
      - Höchstgesamtlast,
       
    5. Nachweise über die
      - verwendeten Werkstoffe,
      - Festigkeit tragender Bauteile,
      - Eignung und Zulasessigkeit der im hydraulischen System verwendeten Bauteile und
        Flüssigkeiten,
       
    6. Stückliste.

     

    2. Prüfung

    2.1 Bei den nachfolgenden Prüfungen der Notbremswagen sind in der Regel jeweils fünf Einzel-
    messungen an einem Notbremswagen durchzuführen.

    2.2 Die Auslösegeschwindigkeit ist, bezogen auf beide Fahrtrichtungen, zu messen. Die Abweichungen
    der Meßwerte vom Mittelwert dürfen ± 10% nicht überschreiten.

    2.3 Die Schließzeit der Bremseinrichtungen ist in Abständen von mindestens 15 Minuten bei einer
    Temperatur von 20 Grad C ( ± 2 Grad C) zu ermitteln; der Höchstwert der Schließzeit darf 0,3 s
    nicht überschreiten.

    2.4 Die Schließkraft aller Bremsbacken sowie die statischen Haltekräfte des Notbremswagens sind
    vor und nach den Ablaufversuchen unter Berücksichtigung des zulässigen Verschleißes festzustellen.
    Die Abweichungen der Schließkraftwerte der Einzelmessungen vom Mittelwert dürfen +20% und
    -10% betragen. Ausreichende Schließ- und Haltekräfte müssen auch dann noch vorhanden sein,
    wenn der zulässige Verschleiß erreicht ist.

    2.5 Bei einem Einfallen von 5 gon und kleinster Gesamtlast des Zuges ist festzustellen, ob es zu
    unzulässigen Verformungen oder Anrissen von Bauteilen kommt. Außerdem sind Größe und
    Wirkungsdauer der Verzögerung zu ermitteln.

    2.6 Aus jeweils fünf Ablaufversuchen (Versuchsgruppe) sind die erforderlichen Bremskennwerte
    zu ermitteln, und zwar abhängig von der Neigung (mindestens vier Neigungsstufen einschließlich
    der größten zulässigen Neigung) und der Auslösegeschwindigkeit. Die Ablaufversuche müssen
    bei den jeweils zulässigen Auslösegeschwindigkeiten, z.B. 3,0 oder 4,0 m/s, durchgeführt werden.

    Bei den Ablaufversuchen ist festzustellen, ob die Anforderungen an die statische Sicherheit
    (Abschnitt 1.2.1) und die Mindestverzögerung (Abschnitt 1.2.4) unter Berücksichtigung des
    höchstzulässigen Verschleißes von Schienen einschließlich ihrer Walztoleranz, des Bremsgestänges
    und der Bremsfedern erreicht werden.

    2.7 Bei den Ablaufversuchen sind zu Beginn jeder Versuchsgruppe neue Bremsbeläge einzubauen
    und neue trockene Schienen ohne Farbanstrich zu verwenden. Vor den Ablaufversuchen ist die
    Maßhaltigkeit der wesentlichen Teile festzustellen. Nach den Ablaufversuchen sind die Bremsein-
    richtungen auf Verformungen, Rißbildung und andere Schäden zu prüfen.

    2.8 Die Dichtheit des Lüftsystems ist nach den Ablaufversuchen zu prüfen; der Druck, der für ein
    einwandfreies Lüften der Bremsbacken erforderlich ist (Mindestdruck), muß über 36 Stunden erhalten
    bleiben. Bei der Dichtheitsprüfung ist auch das Überfahren von Schienenstößen zu berücksichtigen.

    2.9 Es ist festzustellen, ob beim Aufpumpen des Lüftsystems von Hand die Anforderungen an
    Notbremswagen nach Abschnitt 1.4.7 erfüllt sind.

    2.10 Die technischen Unterlagen (dreifache Ausfertigung) nach Abschnitt 1.8 sind auf Vollständigkeit,
    Richtigkeit und Übereinstimmung mit dem Notbremswagen zu prüfen.