• 30.06.1997

    15.7-19-3

    Führungseinrichtungen in Schächten
    Schienenführungen

    A 2.10


    An die Bergämter des Landes Nordrhein-Westfalen

    Betr.: Vorfälle an Schienenführungen in Schächten

    In den vergangenen Jahren ereigneten sich in Schächten mehrere Schadensfälle an Führungen von
    Fördermitteln mit Briart'schen Systemen. Der letzte Vorfall - unter gleichem Datum im Abschnitt M 1
    des Sammelblatts beschrieben - hat deutlich gezeigt, daß dem Einsatz solcher Führungseinrichtungen
    Grenzen zu setzen sind und deren Uberwachungen über die geltenden Regelungen hinausgehende
    Aufmerksamkeiten zu schenken sind. Die beschriebenen Schwierigkeiten sind mit dem bisherigen
    Überwachungsraster offensichtlich nicht zu beherrschen.

    Schlußfolgerungen aus dem oben beschriebenen Schadensfall sind in mehrfacher Hinsicht dringend
    erforderlich, um weitere Vorfälle dieser Art zu vermeiden. Sie werden daher gebeten, hierzu
    Anordnungen folgenden Inhalts zu erlassen:

    "Zum Schutz von Leben und Gesundheit der Beschäftigten werden hiermit gemäß § 71 Abs. 1 BBergG
    bis auf weiteres folgende Abweichungen von den §§ 23 und 25 der Bergverordnung des Landesober-
    bergamts NRW für Schacht- und Schrägförderanlagen (BVOS) vom 20. 7 1997 angeordnet:

    • Neuanlagen (Befahrungsanlagen und Hilfsfahranlagen nach § 2 BVOS), deren Fördermittel
      an Schienen in Verbindung mit Klauen geführt werden, dürfen nicht mehr erlaubt bzw. zugelassen
      werden. Dieses Führungssystem entspricht nicht dem Stand der Technik. Geeignete technische
      Lösungen, die den TAS entsprechen, stehen zur Verfügung.
    • In vorhandenen Anlagen mit Briart'schem System ist die Überwachung in den Vorschriften
      der §§ 23 und 25 BVOS zeitlich und sachlich zu intensivieren.
    1.  Zu § 23 BVOS (Überwachung von Hilfsfahranlagen)

      An Hilfsfahranlagen, deren Fördermittel an Schienen in Verbindung mit Klauen geführt werden
      (Briart'sche Führungseinrichtungen), sind zwölfmal jährlich, und zwar in Abständen von längstens
      5 Wochen durch fachkundige Aufsichtspersonen zu prüfen:

      - Führungseinrichtungen und deren Überwachungseinrichtungen
      - Fördermittel und ggf. Gegengewichte
      - Zwischengeschirre an Fördermitteln und Gegengewichten
      - Förderseile
      - elektrische Anlagen einschließlich Signalanlagen (bei Trommel- und Bobinenanlagen insbe-
         sondere auch die Hängseilüberwachungseinrichtungen)
      - der freie Durchgang des Fördermittels und Gegengewichtes
       
      Anmerkung: Es wird empfohlen, nach längeren Stillstandszeiten der Hilfsfahranlage deren
      Fördermittel beim ersten Treiben vom Fördermittel der Seilfahrtanlage aus zu begleiten.

      Die Hilfsfahranlage ist in die Untersuchung (Prüfung durch Sachverständige) der zugehörigen
      Seilfahrtanlage einzubeziehen (vgl. § 20 Abs. 2 BVOS)
       
    2. Zu § 25 BVOS (Überwachung von Befahrungsanlagen)

      An Befahrungsanlagen, deren Fördermittel an Schienen in Verbindung mit Klauen geführt
      werden (Briart'sche Führungseinrichtungen), sind zwölfmal jährlich, und zwar in Abständen
      von längstens 5 Wochen durch fachkundige Aufsichtspersonen zu prüfen:
       
      1. Schachtsumpf, Wasserstand im Sumpf
      2. Förderseile
      3. Befahrungsmittel
      4. Zwischengeschirre
      5. Führungseinrichtungen und deren Uberwachungseinrichtungen
      6. elektrische Anlagen einschließlich Signalanlage, bei Trommel- und Bobinenanlagen
          insbesondere auch die Hängseilüberwachungseinrichtungen
      7. der freie Durchgang der Befahrungsmittel und Gegengewichte."

    Grundsätzlich ist im Zusammenhang mit dem vorgegebenen Prüfumfang der elektrischen Anlagen
    folgendes zu beachten:

    Soweit in Vorschriften der BVOS Überprüfungen, Prüfungen und Untersuchungen elektrischer Anlagen
    vorgesehen sind - insbesondere in § 20 Abs. 2 Nr. 1, § 22 Abs. 2, § 23 Nr. 3, § 24 Abs. 3,
    § 25 Abs. 1, 2 und 3 -, gelten sie eigenständig neben den Vorschriften der ElBergV. Obwohl diese
    Überwachungsmaßnahmen in Teilbereichen, wie beispielsweise das Prüfen des Schlagwetterschutzes
    oder des Netzschutzes, dieselben sicherheitlichen Ziele haben, gehen die Anforderungen der BVOS
    insoweit darüber hinaus, als durch sie auch die fachspezifische Funktionssicherheit überwacht werden
    soll. Dieser Sachverhalt ist bei einem Vergleich von §§ 16 und 37 ElBergV sowie der zugehörigen
    Verwaltungsanweisungen mit den §§ 9 bis 11 BVOS eindeutig erkennbar. Insoweit haben zumindest
    Prüfungen und Untersuchungen nach Vorschriften der BVOS bei gleicher Wertigkeit einen erweiterten
    Umfang gegenüber vergleichbaren Prüfungen nach ElBergV. Die Untersuchungen dürfen nur von hierfür
    vom Landesoberbergamt NRW nach §11 BVOS anerkannten Sachverständigen durchgeführt werden.

    Es ergeben sich aus dem Schadensfall weitere Konsequenzen:

    Die Hängseilüberwachung hat wegen der Gefahr, daß das Seil im Falle einer Hängseilbildung schon
    bei geringen Fallhöhen reißen kann, eine große sicherheitstechnische Bedeutung. Nach Auffassung
    des Landesoberbergamts NRW ist es über die allgemein gehaltenen Anforderungen der TAS
    - vgl. TAS - Nr. 3.3.15, 5.5.3, 5S.6.2, 8.2.6.3 - hinaus erforderlich, den Begriff "geeignete
    Hängseilüberwachungseinrichtung" zu erweitern durch "zwei getrennte (diversitäre) Hängseilüber-
    wachungseinrichtungen". Die Ausführung mit zwei getrennten Einrichtungen, wie unten ausgeführt,
    entspricht dem Stand der Technik. Dabei sollte eine Überwachung am Seilaustritt im Fördergerüst
    angebracht sein, beispielsweise in Form einer Rolle, welche auf der schrägverlaufenden Strecke des
    Seils aufliegt. Wenn diese Seilstrecke durchhängt, öffnet ein Magnetschalter mit den erforderlichen
    Folgen. Eine zweite Uberwachungseinrichtung sollte sich auf dem Fördermittel befinden. Wenn
    beispielsweise der Einband durch Hängseilbildung seitlich abkippt, wird die Einrichtung wirksam.

    Nur die Kombination beider Systeme gewährleistet eine sichere Hängseilerkennung in allen Teufen.

    Beide Einrichtungen sind mit der Antriebssteuerung zu verknüpfen. Wenn Hängseil auftritt, wird
    das Notsignal ausgelöst und eine Meldeleuchte gesetzt bzw. die Sicherheitsbremse ausgelöst werden.

    Die Hängseilüberwachungseinrichtungen sollten mit einer FTS-Anlage verknüpft und nach dem
    Prinzip der erhöhten Ubertragungssicherheit ausgeführt werden.

    Der Auslösemechanismus der Hängseilüberwachungseinrichtungen, insbesondere die Anbringung
    und Führung eines Auslöseseils, ist konstruktiv so zu gestalten, daß er unabhängig von Lage-
    änderungen von Fördermittel und Seilaufhängung sicher und empfindlich anspricht. Zumindest im
    Rahmen der Prüfungen durch Sachverständige sollte der Korb verlagert werden, um das Verhalten
    und Ansprechempfindlichkeit der Überwachung festzustellen.

    Vorstehende Maßnahmen werden Teil der überarbeiteten Verwaltungsanweisung zur BVOS und
    zu den TAS.

    Dortmund, den 30.06.1997


    Landesoberbergamt NRW

    v o n  B a r d e l e b e n