• Grundsätze

    des Landesoberbergamts Nordrhein-Westfalen
    über die Sicherstellung der elektrischen Energieversorgung
    und über die Warnung der Belegschaft in Notsituationen
    im Steinkohlenbergbau unter Tage


    Inhaltsverzeichnis

    1 Begriffsbestimmung

    1.1 Notsituation

    2 Schutzziele

    3 Grundsätze über die Sicherstellung der Energieversorgung

    3.1 Über Tage
    3.2 Unter Tage
    3.3 Maßnahmen bei Ausfall der elektrischen Energieversorgung

    4 Grundsätze über Fernmeldeanlagen

    4.1 Allgemeines
    4.2 Fernsprechanlagen
    4.3 Warnung der Untertagebelegschaft

    1. Begriffsbestimmung

    1.1. Notsituation

    Eine Notsituation auf einem Bergwerk im Sinne dieser Grundsätze ist anzunehmen, wenn Personen,
    die sich unter Tage aufhalten, durch ein unvorhersehbares Vorkommnis gefährdet werden können,
    insbesondere durch

    • Explosion, Grubenbrand, Strecken- oder Strebbruch, Wassereinbruch,
    • explosionsfähige Atmosphäre oder sauerstoffarme Wetter nach einem Gasausbruch oder
      Gebirgsschlag,
    • Ausfall einzelner oder aller Schachtförderanlagen oder Ausfall von Bewetterungsanlagen
      durch Ausfall der elektrischen Energieversorgung.

    Mit dem Zusammentreffen mehrerer, ursächlich nicht zusammenhängender Ereignisse muß nicht
    gerechnet werden.

    2. Schutzziele

    In einer Notsituation muß die davon betroffene Belegschaft eines Bergwerks unverzögert gewarnt
    werden können. Die Untertagebelegschaft muß Möglichkeiten zum unverzüglichen Verlassen des
    Grubengebäudes nach über Tage haben. Der Unternehmer hat die hierzu notwendigen Maßnahmen
    zu treffen und die erforderlichen Anlagen einzurichten (§ 61 Abs. 1 BBergG).

    3. Grundsätze über die Sicherstellung der Energieversorgung

    3.1. Über Tage

    Die Energieversorgung der elektrischen Anlagen, deren Betrieb für das Leben und die Gesundheit
    der Untertagebelegschaft notwendig ist, muß sichergestellt sein. Die elektrische Einspeisung für
    diesen Zweck muß über mindestens zwei räumlich voneinander getrennte Wege vorgenommen
    werden. Hierbei muß über jeden Versorgungsweg die nach Satz 1 erforderliche Energie herangeführt
    werden können. Räumlich getrennt sind die Versorgungswege dann, wenn sie durch außergewöhnliche
    Ereignisse nicht gleichzeitig ausfallen können, wie z.B. Brände, Bauarbeiten, Überschwemmungen.

    Wenn die Versorgungswege in einer Schaltanlage des Bergwerks über Tage zusammengeführt sind,
    sollen dort die Verteilungssysteme (Sammelschienen) räumlich so getrennt sein, daß Störlichtbögen
    in einem System nicht zur Störung in einem anderen System führen können. Es ist Vorsorge zu
    treffen, daß die Umschaltung im Störungsfall von einem System auf ein anderes kurzfristig erfolgt.
    Zur Vermeidung von Fehlschaltungen sind vorbeugende Maßnahmen zu treffen.

    3.2. Unter Tage

    Die elektrische Energieversorgung des Untertagebetriebs ist über mindestens zwei Schächte sicherzu-
    stellen, wobei mindestens ein Schacht Einziehschacht sein muß. Die in den Schächten vorhandenen
    elektrischen Kabel und Leitungen müssen so ausgelegt sein, daß bei Ausfall des Versorgungsweges
    in einem Schacht die Versorgung der sicherheitlich bedeutsamen untertägigen elektrischen Anlagen
    über mindestens einen anderen Schacht erhalten bleibt.

    Das untertägige Energienetz ist so zu gestalten, daß bei Ausfall des Versorgungsweges in einem
    Schacht alle sicherheitlich bedeutsamen elektrischen Anlagen weiter versorgt werden können.

    Es ist anzustreben, untertägige Energienetze auf der Mittelspannungsebene im Ringverbund aufzubauen.
    Bei strahlenförmigen Netzen sollen durch Querverbindungen Umschaltungen auf der Mittelspannungs-
    ebene kurzfristig durchgeführt werden können.

    3.3. Maßnahmen bei Ausfall der elektrischen Energieversorgung

    Die bei Ausfall der elektrischen Energieversorgung nach Nr. 1.1 gegebenen Verbund-, Umschalt- und
    Abschaltmöglichkeiten müssen aus Plänen erkennbar sein; die Pläne müssen in den betreffenden
    Schaltanlagen aushängen.

    4. Grundsätze über Fernmeldeanlagen

    4.1. Allgemeines

    Es ist anzustreben, auch die Kabel und Leitungen von Fernmeldeanlagen und das Fernmeldenetz
    entsprechend Abschnitt 3.2 Absätze 1 und 2 auszulegen und zu betreiben.

    Soweit im Einzelfall die Anforderungen nach den Abschnitten 3.1 und 3.2 noch nicht erfüllt sind,
    müssen mindestens Fernsprechanlagen und Anlagen zur Übertragung sicherheitstechnischer
    Meßwerte (Fernmeldeanlagen) eines Bergwerks bei Ausfall der übertägigen Energieversorgung
    betriebsbereit bleiben, zum Beispiel durch Versorgung durch Akkumulatoren oder mittels
    Generatoren.

    Fernmeldeanlagen in Grubenbauen, in denen in Notsituationen nach Abschnitt 1.1 oder bei Stillstand
    der Sonderbewetterung mit Grubengasansammlungen zu rechnen ist, müssen - soweit technisch
    möglich - so beschaffen sein, daß sie nach den bergbehördlichen Vorschriften in diesen Grubenbauen
    weiterbetrieben werden dürfen.

    4.2. Fernsprechanlagen

    Fernsprechanlagen sind über mindestens zwei Schächte, davon mindestens über einen Einziehschacht,
    zu führen. Bei Unterbrechung einer Fernsprechverbindung in einem Schacht muß die Fernsprech-
    verbindung von über Tage nach unter Tage gewährleistet bleiben.

    Ein Teilausfall der Vermittlungseinrichtung darf nicht zum Ausfall aller untertägigen Fernsprechgeräte
    führen.

    An wichtigen Stellen des Grubengebäudes (z.B. an Anschlägen der Seilfahrtschächte, an Zugängen zu
    den Förderbergen, in Schachtanlagen, an Zentralladestellen, in Werkstätten) sollen zwei Fernsprech-
    geräte vorhanden sein, die jeweils über getrennte Leitungswege anzuschließen sind. Statt dessen
    genügt ein Fernsprechgerät, das über eine Zusatzeinrichtung an zwei Zuleitungen angeschlossen ist;
    im Fehlerfall muß die ungestörte Zuleitung automatisch wirksam werden.

    Für jedes Bergwerk ist eine Notrufnummer festzulegen, die an jedem Fernsprechgerät gut lesbar
    angebracht werden muß und mit der eine ständig besetzte Stelle angewählt werden kann.

    4.3. Warnung der Untertagebelegschaft (Vgl. auch Abschnitt 3.12 der Fluchtweg-Richtlinien
           vom 18.12.1989 - 12.63.3-8-26 - SBl. A 2.4)

    Es ist sicherzustellen, daß in Ausrichtungs-, Vorrichtungs-, Gewinnungs- und Raubbetrieben sowie
    im Förderbetrieb in einer Notsituation gefährdete Personen unverzögert und jederzeit durch geeignete
    optische oder akustische Einrichtungen gewarnt werden können. Diesen Personen müssen die
    notwendigen Weisungen über eine Fernsprechanlage, z.B. Selbstwähl-, Wechselsprech- oder
    Lokfunkanlage, gegeben werden können; für diesen Zweck sollte die Möglichkeit bestehen, sich von
    einer ständig besetzten Stelle aus (z.B. Sicherheitswarte) auch in laufende Gespräche einzuschalten.
    Die gleichzeitige Alarmierung gefährdeter Personen sollte durch Gruppenrufsysteme oder andere
    Systeme verbessert werden. Es ist anzustreben, auch an abgelegenen Arbeitsplätzen, z.B. auf alten
    Sohlen, Fernsprechanlagen zu betreiben.